Während bei uns Allerheiligen und Allerseelen sehr stille Feiertage sind, wird der „Tag der Toten“ in Mexiko bunt und laut gefeiert. Der „Día de los Muertos“ ist einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage, an dem traditionell der Verstorbenen gedacht wird.

Der Tag der Toten ist keine Trauerveranstaltung, sondern ein farbenprächtiges Volksfest zu Ehren der Toten. Nach dem Volksglauben kehren die Seelen der Verstorbenen an diesen Tagen zu den Familien zurück, um sie zu besuchen. Auch wenn in diesen Zeiten die Feierlichkeiten in Mexiko in kleineren Rahmen ausfallen werden, weniger bunt wird es sicher nicht!

MZF-Projektreferentin Justine Taranow ist unter anderem zuständig für unsere Hilfsprojekte in Mexiko und erzählt mehr über dieses ganz besondere Fest.

Was ist der „Tag der Toten“ in Mexiko und warum wird es so anders gefeiert als unser stilles Allerheiligen?

„Obwohl die beiden Feiertage verwandt sind und sich als Gedenktraditionen an Verstorbene etabliert haben, unterscheiden sie sich in ihren Traditionen und ihrer Atmosphäre sehr voreinander. Allerheiligen und Allerseelen sind christliche Feste und eher stiller Feiertage, an dem keine öffentlichen Tanzveranstaltungen und laute Musik auf den Straßen stattfinden.

Der Tag der Toten hingegen hat seinen Ursprung in prä-hispanischen Kulturen, wie den Azteken, Maya, Nahua oder Tolteken. Für die Ureinwohner der Region, die heute territorial zum mexikanischen Staatsgebiet gehört, war der Tod eine natürliche und verlängerte Phase des Lebens, in der die Seele einen neuen Lebensabschnitt beginnt, wenn der Körper stirbt. Es war daher weniger üblich, um die Toten zu trauern, denn die Toten galten noch immer als Teil der Gemeinschaft und wurden im Geiste und in Erinnerungen am Leben gehalten. Am Tag der Toten kehrten sie sogar für eine Weile auf die Erde zurück.

Im Gegensatz zu unserem stillen Allerheiligen und Allerseelen - eine Gedenkkultur mit Schwere, Trauer und Tränen, umfasst die Gedenktradition am Tag der Toten auch lebendige kulturelle Ausdrucksformen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Heutzutage wird dieser besondere Gedenktag von vielen Mexikanern gefeiert, unabhängig von ihrer Religion oder ihrer ethnischen Herkunft. Die Feierlichkeiten zum Tag der Toten sind heute eine Mischung aus prä-hispanischen, religiösen Riten und christlichen Festen und werden je nach Region auf unterschiedliche Weise gefeiert.

Die Vorbereitungen zum Fest der Toten beginnen bereits Mitte Oktober. In Dörfern und Städten in ganz Mexiko stellen die Menschen farbenfrohe Kostüme, Masken und Figuren wie Totenschädel oder Skelette zur Schau, veranstalten karnevalsähnliche Festumzüge und Partys, singen, tanzen und bringen den geliebten Verstorbenen Gaben dar.

Das Herzstück der Feierlichkeiten ist die Ofrenda. Es handelt sich hierbei um ein Totenaltar, der entweder zu Hause oder auf einem Friedhof aufgebaut wird. Die Ofrendas dienen der Erinnerung an die Verstorbenen und sollen die Geister der Toten im Reich der Lebenden willkommen heißen. Sie sind deshalb reichlich mit Gaben bestückt: Wasser, um den Durst der langen Reise zu stillen, Essen, Familienfotos und eine Kerze für jeden toten Verwandten und alles weitere, was der Tote im Leben gerne mochte. Begrüßt wird der Gast aus dem Jenseits mit den gelben und orangenfarbenen Blumen der Toten, den sogenannten Flores de Muertos. Die Feierlichkeiten gehen vom 31. Oktober bis zum 2. November, an dem die Toten ihre Geliebten wieder verlassen und ins Jenseits zurückkehren müssen. Symbolisch gehen die Mexikaner dafür auf den Friedhof, setzen dort das Fest fort und verabschieden sich von den Toten bis zum nächsten Jahr.

Wie hast du die Feierlichkeiten persönlich wahrgenommen?

Für mich persönlich ist der Día de los Muertos eine wirklich einmalige Tradition, die sogar 2003 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit ernannt worden ist. Ich bin ganz fasziniert von den Traditionen und Bräuchen rund um den Tag der Toten in Mexiko. Am Beispiel dieser Tradition wird besonders deutlich, dass die Mexikaner eine ganz andere Beziehung zum Tod haben als wir. Ich finde den Gedanken schön, dass das Gedenken an verstorbene Lieben nicht zwangsläufig mit Trauer, Tränen und Kummer verbunden sein müssen und ziehe es eher vor, mich an die guten Zeiten mit dem Menschen zu erinnern und diese zu feiern.

Die fröhliche Art und Weise im Umgang mit dem Tod und dem Gedenken an die Verstorbenen und die sehr farbenfreudige Gestaltung der Feierlichkeiten beeindruckt mich sehr. Überall sieht man die Calaveras de Dulce, die Totenschädel aus Zucker, die farbenfroh und reich verziert werden.
Der Día de Muertos ist für mich ein sehr geselliges Fest, bei dem zu jeder Tages- und Nachtzeit auf den Straßen und öffentlichen Plätzen etwas los ist. Ich habe das Fest in Oaxaca erlebt. Es schien mir, als sei ganz Oaxaca von den orangenen Blumen der Toten bedeckt gewesen. Es war wirklich ein Fest für die Augen! Ganz besonders haben mich die sogenannten Alfombras fasziniert, eine Art Teppiche aus gefärbten Sägespänen, Blütenblätter, Reis, Kiefernnadeln und anderen organischen Materialien, die die Einheimischen Tagelang mit mühevollen Arbeit zu kunstvollen Mustern auf den Straßen der Stadt arrangieren.

Ein ganz besonderer Augenblick war für mich, das Fest auch auf einem Friedhof mitzuerleben. Es hat sich angefühlt, als wäre ich für einen Moment in eine ganz andere Welt eingetaucht, in einem Ambiente von leuchtenden Kerzen in der Dunkelhit der Nacht, die die überall verstreuten orangenen Blumen zum Leuchten brachten, und dem Klang von fröhlicher Musik und Gesang. Ein unbeschreibliches Erlebnis.

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MZF-Projektreferentin Justine Taranow

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